Littleroadtrip Plus

Bienvenido a México – 29. Dezember 2019

„¿Qué servicio de auto?¿Quién te va a recoger?“ tönt es von rechts und links, als ich nach der Einreisekontrolle in die Halle des Flughafens Cabo San Lucas, Mexiko, trete. „Nadie, me recogen en privado“ murmle ich in mehr schlechtem als rechtem Spanisch und laufe weiter. Die letzten Türen öffnen sich und da stehen die beiden: Franziska und Fabian, das Little Roadtrip-Gespann.

Surreal, dass ich sie nach sieben Monaten nun hier treffe,

Aufgeregt, dass wir die kommenden Tage gemeinsam verbringen werden, 

Wunderbar, dass ich in diesem Moment des Wiedersehens merke, wie sehr ich die beiden vermisst habe.  

3 Wochen zuvor – 6. Dezember 2019

Klack-tipp-klack-tipp-Whoosh: WhatsApp an Fabian verschickt.

„Hey ihr lieben Weltenbummler, wie geht es euch? Was macht ihr zwischen 26.12. und. 7.01.? Hätte Ideen und wollte mal abtasten, wo ihr dann ungefähr seid.“

… (man stelle sich die Punkte in Bewegung vor)

„Hoi Nadine, alles gut bei uns! Wir sind ziemlich sicher in der Baja California, im Süden. Wann sollen wir dich vom Flughafen abholen?“

So kann das gehen, wenn Freigeister und Abenteurer aufeinander treffen – meine Reise zu den beiden beginnt also (zumindest gedanklich).

Sechs Tage später glüht die Kreditkarte, Flüge sind gebucht: Cabo San Lucas erwartet mich am 29.01. Damit die Reise nicht unendlich lang wird (und ja, weil ICH immer nach NYC kann), mache ich einen Zwischenstopp in New York (Pack-technisch es bitzeli doof, da Winter- und Sommer-Kleider mitmüssen und ich gerne mit sehr wenig Gepäck reise, aber hey, selbstverschuldet und definitiv lösbar). 

In Absprache mit Fabian und nachdem wir beide Bildli-Anschauen auf der entsprechenden Website gemacht haben, buche ich eine Unterkunft in einem Surf Camp in Pescadero in der Baja California Sur, bei der auch Camping möglich ist. Damit die beiden mit Emma (DAS AUTO, nicht, dass da noch Gerüchte aufkommen), also ihrer eigenen Wohnung, in der Nähe sind und wir quatschen, kochen, beisammen sein können. Es sollte anders kommen. 

Emma am Strand

Es geht los – 26.12.2019

Die Tage bis zur Abreise rattern durch mit Arbeit, Weihnachten, Freunde und Familie treffen und als am Abflugmorgen der Wecker um 5.00 Uhr klingelt, bin ich kurzweilig einen Moment verwirrt, aber die Freude kickt schnell ein und los geht es.

Die ersten drei Tage verbringe ich in NYC (ist ja auch erst das 15. Mal….), geniesse das zwar kalte, aber mit blauem Himmel beschenkte Wetter. Vor der Weiterreise kann ich meine Winterkleider deponieren und mache mich mit dem sommerlich leicht bepackten Rucksack auf den Weg nach Mexiko.

Sechs Stunden Flug, ein Buch und mehrere Kontrollen später, stehe ich in der Flughafenhalle Cabo San Lucas und lache aus tiefstem Herzen, als ich zwei weitere strahlende Gesichter sehe – die herzliche Umarmung hat nach 7 Monaten Nicht-Sehen einen Home-Coming-Touch.

Nach Minuten des Staunens, Kopf-Schüttelns, Nicht-Ganz-Glauben-Wollens, darf ich in die Front-Row bei Emma sitzen und auf geht es in die gemeinsamen Tage.

Unser Treffen feiern wir mit Lunch und einem Margarita im Art-District San Jose del Cabo, bevor wir mit Emma in Richtung Pescadero lostuckern, um in unserer Unterkunft einzuchecken. 

Das Surf Camp

Über 50 Personen auf kleinstem Raum, eine Toilette und Dusche für alle, die Cabaña mit Wänden, die jedem nur bis zur Brust reichen – also echli andersch als angenommen und als auf der Website dargestellt. 

Es folgt nun aber sicherlich kein Bashing des besagten Surf Camps. Fehlgriffe gehören zum Reisen. 

Wir haben uns alles angeschaut vor Ort, entschieden und einstimmig gesagt „nope, hier schläft niemand von uns.“ Einige Google-Suchen später sind wir auf dem Weg ins Cerrito Beach Surf Hotel und mit dem Mond im Nacken (es wird um 18.00 Uhr dunkel) finden wir eine Bleibe für die erste Nacht. 

((2 BILDER Hotel))

Eine Woche Baja California Sur oder vielmehr: the blessing of being with friends 

Tag 1: Nach einem langen und weinseligen Abend sammeln wir uns um 10.00 Uhr …

Gut, hier stoppen wir – es gibt keine Tagebuch-ähnliche Auflistung dieser Tage.

Nein – es gibt keine Abhandlung und minutiöse Wiedergabe aller Aktivitäten. 

Vielmehr möchte ich auf den restliche Zeilen (m)eine Gefühlswelt von sieben Tagen mit Freunden schildern. 

Wer sich nun vom Lesen verabschiedet: bitte lest weiterhin die Beiträge von Franziska und Fabian! Ich bin nur der Gastbeitrag, der Ausreisser. Und wie ihr sicherlich von den beiden schon wisst:

Von der Kraft des Schweigens und erlernten Denkmustern 

Die Tage sind gefüllt mit Einkaufen, Lesen, Surfen, Schwatzen, mit Walhaien Schnorcheln (zu Beginn recht creepy und dann sehr geil!)

Die Tage sind aber auch voll von gemeinsamem Schweigen, von zusammen-für-sich-sein, von Stille – unglaublich voll mit Geniessen. 

Viele Gespräche drehen sich um den Alltag, um das „wie macht ihr dieses oder jenes? Was habt ihr euch anders vorgestellt? Was vermisst ihr?“

In all den Gesprächen und gemeinsamen Momenten haben mich drei Themen berührt, zum Nachdenken gebracht, inspiriert: Zuhause sein, Natur und Arbeit & Stille.

Die eigenen vier Wände

Seit Monaten unterwegs sein, auf kleinstem Raum, alles auf Funktionalität ausgerichtet und trotzdem ein Zuhause daraus machen.

Mir wurde während dieser Reise bewusst, wie sehr wir uns „die eigenen vier Wände“ gewohnt sind. Ein konkretes, fixes Rundum; Türen, die man abschliessen kann; Temperatur, die man regulieren kann; Rückzugsmöglichkeiten, wenn man sie braucht. All das fällt im gewohnten und klassischen Sinne weg, wenn man so unterwegs ist wie die beiden. 

Das braucht viel eigene Sicherheit, Sich-Wohl-Fühlen mit sich selber, die eigenen vier Wände sein. Die Selbstverständlichkeit eines Zuhauses wird aufgelöst und muss neu definiert werden. Es hat mich beeindruckt, wie die beiden daran gewachsen sind, wie sie sich dessen bewusst sind, dem Stimme geben und dann damit umgehen.

Mitte November 2019 habe ich mich selbständig gemacht, das Büro in meiner Wohnung eingerichtet. Nach sieben Jahren pendeln, gezwungenermassen aus dem Haus gehen; sich von A nach B bewegen, egal welcher Wochentag oder welches Wetter, verbringe ich nun mehr Zeit Zuhause, in den eigenen vier Wänden. 

Während dieser Tage in Mexiko jeden Morgen aufzustehen und draussen zu sein, Laufen, Yoga, Sein, haben in mir die Lust geweckt, auch im „normalen“ Alltag regelmassige draussen zu starten, eine „Runde ums Haus“ zu machen, die Synapsen und Zellen aufzuwecken.

Ich nehme diese Gedanken mit, sich regelmässiger bewusst zu sein, ob man sich in den eigenen vier Wänden versteckt oder wirklich nur zurückzieht; sich zu fragen, ob man sich selber auch ein Zuhause sein kann. 

Draussen sein – immer

Die letzten drei Tage habe ich in einer Hütte am Strand verbracht, mit Emma quasi um die Ecke. 

Nachts wird es cheibe chalt um diese Jahreszeit in Mexiko. Meine Hütte hatte keine Heizung, Ventilator etc. Decken und Mehrschichten-Prinzip mussten für die Nacht ausreichen, damit Schlaf möglich war. Somit war ich in diesen drei Tagen quasi immer draussen.

Mir wurde bewusst, dass die beiden das seit sieben Monaten so haben. Immer draussen sein, no matter the weather. Sich an die Natur anpassen, mir ihr arbeiten. Es wird einfacher mit der Zeit, gewohnter (denke ich). 

Aber wenn man nicht ausweichen kann, muss man sich anpassen, sich damit auseinandersetzen, damit umgehen. Dieses Lernen von flexibel sein, situativ reagieren zu können.    

Arbeit & Stille

Während der gemeinsamen Tage haben wir auch immer wieder übers Arbeiten gesprochen, sei das meine neue Selbständigkeit oder der Wechsel vom Arbeitsalltag zum Reise-Alltag bei den beiden. Wie ist es, plötzlich eine andere Struktur zu haben? Und damit es ganz klar ist: nicht keine Struktur zu haben! Sondern eine andere. Reisen bedeutet nicht, keinen Plan, keine Struktur zu haben. Genauso wenig wie man auf eine Struktur verzichten kann bei der Selbständigkeit.  

Dabei habe ich gemerkt, dass wir alle drei damit konfrontiert sind, dass wir Arbeit und insbesondere Leistung neu definieren mussten und immer wieder müssen. Wie es ist, wenn man sich dabei ertappt, dass man denkt, ich habe heute ja gar nichts geleistet, weil wir ja nur Einkaufen waren und einen Schlafplatz gesucht haben oder weil ich ja nur Admin, To-Do-Listen oder gelesen und Organisation für meine Firma gemacht habe?

All die Jahre in der (angestellten) Arbeitswelt, haben Denkmuster geformt und teilweise innere Erwartungshaltungen gebildet. Und dann ist da plötzlich ein spürbarer Wechsel im Alltag und man ist unweigerlich mit der Frage konfrontiert: was bedeutet es eigentlich, wenn sage, ich habe heute etwas geleistet? Was muss sein, damit ich mich abends Wohl fühle, zufrieden? Wem gegenüber muss ich das erklären? 

Und vielleicht merkt man, dass es sinnvoll und erfüllend ist, wenn man unterschiedliche Gratifikationen für unterschiedliche Aktivitäten hat. Natürlich möchte ich als Selbständige Leistungen erbringen für Kundinnen und Kunden, die auch meine Rechnungen bezahlen. Genau so wichtig ist es aber für mich, dass ich Dinge auch für mich tun kann. Die für mich einen Nutzen, einen Mehrwert haben, die mir helfen. Dinge, die sonst auch für niemanden nachvollziehbar oder sinnvoll sein müssen. Vielleicht müssen wir auch lernen, dass wir uns nicht für Leistungen rechtfertigen müssen, sondern dass wir diese für uns definieren und leben müssen. Dass Arbeiten und etwas Leisten, an ganz unterschiedliche Orte führen kann. 

Deshalb war es während diesen Mexiko-Tagen immer wieder unglaublich befreiend, lösend, dass wir gemeinsam zu Dritt schweigend und doch miteinander Zeit verbringen konnten. Schweigen, um auch sich selber zu hören. Und dazwischen von einem von uns immer wieder mal ein „alles OK?“.

Einmal Lächeln bitte

Wenn ihr also unterwegs seid und an Franziska, Fabian und Emma vorbeikommt: sagt hallo, schenkt ein Lächeln, tauscht eure Geschichten aus – wenn Menschen sich auf Menschen einlassen, wird es nie langweilig.

Wenn ihr im Büro oder am Second-Screen-Surfen seid: Emma braucht immer wieder mal Futter 😉 eine kleine Spende in die Dieselkasse macht satt und es ist ein unglaublich tolles Gefühl, andere zu unterstützen.

Heute – Jetzt – 16.02.20

Liebe Freunde des Reisens, Träumens – des Erlebens: be happy, be grateful und macht etwas daraus!

Liebe Franziska, lieber Fabian:

Danke! Für euren Mut, eure Zeit, eure Gedanken – it‘s been a blast und ich freue mich auf die nächste gemeinsame Runde irgendwo in Südamerika #OneLife #yourlittleroadtrip

Nadine 

IG: @nadinestutz

LI: /nadinestutz

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

    1. littleroadtrip

      Hey, danke dafür! Leiten wir gern so an Nadine weiter 🙂

  1. Barbara

    … was für ein toller Beitrag… die Beiden aus der Sicht einer Freundin betrachtet zu sehen…und so nochmal einen ganz anderen Einblick in ihr jetziges Leben zu erhalten.. ganz liebe Dank dafür..
    Lg Barbara🌸

    1. littleroadtrip

      Danke für das Lob! Wird Nadine freuen…und uns natürlich auch 🙂

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