In Halifax (Canada) geht unser Roadtrip am 19. Juni 2019 (Franzis Geburtstag, horray) endlich los. Nach Monaten des Werkelns um aus einem Auto Emma, das Reisemobil zu machen (link), nach so manch organisatorischem Kram (Visa, Wohnungsabgabe, Kündigungen, Versicherungen) und mehrere Abschiedsfeiern später sind wir heiss drauf loszudüsen. Aber Halt, fehlt da nicht noch etwas?
Autoversicherung USA/Canada
„Noch schnell die Autoversicherung abschliessen, die wir vor Monaten ausgeguckt haben, easy“, haben wir uns gedacht. Unser Anbieter der Wahl (Thum Insurance über Seabridge) überrascht 2 Tage vor geplanter Abfahrt mit sofortigem Stopp der Versicherung ausländischer Fahrzeuge für Canada.
Auf eine kurze Wutphase (schon wieder Orgakram!) folgt eine längere Internetrecherche (gute Infos bekamen wir hier) mit ernüchterndem Ergebnis: Bis auf 3 Anbieter haben alle Versicherungen ihre Policen für ausländische Fahrzeuge aufgegeben.
Zig Telefonate und Rundmails später finden wir keine Alternative, lernen dafür aber Halifax ein bisschen besser kennen. Unser Airbnb ist flexibel und entspannt, wie ganz Halifax. Verlängern kein Problem, wir warten. In Cananda herrscht KfZ-Versicherungspflicht, leise kommt die Idee auf es trotzdem zu wagen…
Als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk für Franzi kommt dann Entwarnung von Thum Insurance: Die Police ist per sofort wieder verfügbar (link). Da tut der horende Preis schon gar nicht mehr so weh!
Halifax – welcome to Canada
In Halifax sollte man zentral wohnen, alles zu fuss machen und sich von der relaxten Atmosphäre zwischen Studenten und Cafés anstecken lassen.
Bestimmt gibt es etliche Sehenswürdigkeiten in Halifax, wir haben allerdings vor allem in Cafés an Website und Reiseroute gebaut. Auf den Strassen sehen wir entspannte, offene Menschen die sich erst durch den Sieg der Toronto Raptors (Canada) über die Golden State Warriors (USA) in den Basketball Playoffs aus der Fassung bringen lassen.
Nachbarn kommen aufgeregt auf unser Reisemobil auf dem Parkplatz des Airbnb zu:„Wie, was einmal ganz durch Canada? Aus der Schweiz? Bis nach Argentinien?“ Während wir erzählen klettert der Mann fast ins Auto so sehr inspiziert er die Karre. Und wir hören das erste mal den Satz, der uns begleiten wird bis zur einsamsten Tankstelle: „Nice rig, man!“ Was so viel heisst wie geile Karre, wie uns google später verrät. Die Begeisterung für unser Auto, was in Nordamerika nicht erhältlich ist, übersteigt oft bei Weitem unser eigentliches Reisevorhaben. Kein Job, keine Wohnung – alles schön und gut, aber dieses Klappdach, wo ist das her? So wird Emma schon früh zum Star der Reise und wir geübt im „roomtour“ geben.
Beim Joggen im Park weht immer mal eine Cannabis-Wolke vorbei, in Canada ist Marihuana legal. Weit weg von Schmuddel sind die apple-store ähnlichen Cannabis Läden gestaltet. Gras wird hier präsentiert wie Vino auf einer Weinprobe. Und welcher Cannabis-Typ sind Sie? Wir wissen es nicht, spannend ist das Ganze allemal. Und doch vielleicht nur mangelnde Gewohnheit, denn schliesslich fühlt sich bei Weinproben keiner verboten, höchstens beschwippst.
Wir spazieren die waterfront entlang, Kinder spielen Möwen Jagen. Für uns gibts Austern-Flatrate (1 kanadischer Dollar die Auster) im afrite und so halten wir sogar unser Budget halbwegs ein.
Abends treffen wir an unserem Airbnb ein Ehepaar aus dem Süden der USA. Er ist Chefarzt einer Klinik, sie sicher mal sehr hübsch gewesen. Auf ein nettes Gespräch über unsere Reisepläne, das Auto, Arzt sein in den USA und Lebensentwürfe generell folgt abrupt ein neues Thema: Waffen. Vom Wein zusätzlich angestachelt zeigt uns der Chefarzt jetzt Waffenvideos von der Veranda seines Hauses, in das er uns schon überschwänglich eingeladen hatte. Wir sind irritiert. Stolz präsentiert er das Kronjuwel: Zu sehen ist eine schmächtige Austausschülerin aus Deutschland mit einem Maschinengewehr, die vom Rückstoss der Waffe halb von der Veranda fliegt. „Ihr könnt doch deutsch, was sagt sie denn da?“, bringt er lachend hervor und drückt erneut auf Play. Seine Frau riecht den Braten als sie unsere Gesichter sieht, kann ihn aber kaum bremsen in seiner Euphorie. Nein, wir verstehen nicht. Weder den deutschen Ausruf, noch die Prahlerei mit Waffen. Wir sagen relativ abrupt good by. „Ein Drink wäre jetzt gut“, meint Fabi und wir ziehen los.
Den nächsten Tag kommt das Go von der Versicherung und wir sind weg.
Cabot Trail
„Macht den Cabot Trail!“, bekommen wir bei den (aller)letzten Vorbereitungen auf dem Parkplatz unseres Halifax Airbnb empfohlen. Nach so vielen „Amazings“ ändern wir also den Plan Geburtstag auf Prince Edward Island zu feiern spontan. Reiseführer und -blogs versprechen im Norden Nova Scotias malerische Hügel mit Blick aufs Meer, raue Klippen, einsame Stellplätze- wir stehen leider im Dauerregen.
Schottische Einflüsse überall, auch im Chowder House, in das wir vor Nässe, Kälte und Nebel flüchten. „Sorry, nur Cash“, steht da, wir sind die einzigen Gäste. Es gibt Hummer auf Plastiktellern, draussen tobt das Meer. Ganz an der Spitze steht ein alter Leuchtturm, der Putz fällt ab. Wir machen Endzeitstimmung-Fotos und ich mache die Leuchtturm-Tür auf, erwarte Leere, finde eine Eisdiele. Die Verkäuferin ist versunken in ihr Smartphone, bemerkt mich gar nicht, verkauft hat sie noch nichts heute.
Wir finden mit IOverlander einen traumhaften Platz direkt am Meer. Während uns Sommerbilder aus der Heimat erreichen posten wir Bilder mit Mütze und Regenjacke. Immerhin ist die instagramable, weil neon-gelb. Wir machen die Standheizung an, essen Chips und schauen dem Regen zu wie er so schön die Scheiben runterläuft.

Prince Edward Island
Die Canadier nennen ihre kleinste Provinz einfach PEI. Wir setzten per Fähre über und stehen am Abend auf einer roten Klippe am Meer, niemand sonst ist da. In der Nacht hören wir Wellen und ein anderes Auto, oder war das der Wind? Noch sind alle Geräusche ungewohnt.
Morgens zieht es uns weiter Richtung Norden, vorbei an Charlottetown wo wir das angeblich beste Eis Canadas testen. Überall ordentlich gemähtes Grün, top gepflegte kleine Höfe und Kartoffelfelder. Wir gönnen uns was und checken spontan ein im Cavendish Campground.
Ein paar Tage lassen wir dort vorbeiziehen: einfach mal im Gras liegen, Yoga am morgen und Feuer am Abend, Strandspaziergänge und der Sonne zuschauen. Der sundowner auf PEI ist bekannt dafür die roten Klippen umrandet von grünen Tannen und blauem Meer aufleuchten zu lassen.
Wir treffen eine Familie mit 5 Kindern. Sie sind mit VW-Bus und 2 Zelten unterwegs. Nur über den Sommer, „aber trotzdem, auch so gehts“, denken wir.
Im Touristenshop neben der Burgerbude bekommt Emma ihren ersten Aufkleber – Prince Edward Island, check.
Toll, der Blog wird immer besser. Schöne Bilder und präziser kurzer Text. Alle Berichte locker, flockig und informativ. Weiter so!!
Wir werden uns den Kommentar zu ‘Halifax’ zu Herzen nehmen! Alles zu Fuß im Oktober!