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„Baby, ich kann das Meer sehen!“, rufe ich begeistert Richtung Fahrersitz. Nach Wochen roter Felsen und karger Wüstenlandschaft glitzert der Pazifik zwischen den kalifornischen Palmen umso mehr. Also raus aus der Karre und rein in die goldenen Fluten.

Surfen an der Golden Coast
Kilometer lange Sandstrände, traumhafte Sonnenuntergänge, Palmen und Wellen, Wellen, Wellen. Kalifornien hält ein was sein Klischee verspricht. Wir stehen auf Campgrounds in Carlsbad und Encinitas, jeweils direkt am Strand. Wir kaufen gebrauchte Surfboards und sind aus dem Neo kaum rauszukriegen. Dazu noch ein bisschen Yoga, Joggen am Strand und faul in die Sonne blinzeln. Aus Tagen werden Wochen. Die Entschleunigung tut gut nach den vielen Eindrücken der letzten Monate des Reisens.




Universal Studios
Als mein Bikiniabdruck gut zu sehen und Fabi mittlerweile so braun ist wie ein California-surferboy machen wir mal Strandpause. Es geht in die grosse Stadt, in die Universal Studios. Aber erstmal stehen wir im Stau. Zumindest sehen wir das so. Für die Locals ist das Chaos zigtausender Autos die sich morgens rein und abends raus aus L.A. bewegen normaler Verkehr. Wenn sich nichts bewegt ist alles wie immer. Jeden Tag 2 Stunden hin und zurück- für uns unvorstellbar. Ausbau eines öffentliches Verkehrsnetzes? Hier unvorstellbar. Das eigene Auto ist und bleibt heilig, und am liebsten fährt man darin allein.
In den Universal Studios riden wir als Transformer durch Mega-Cities und fetzten uns mit Gozilla und King Kong gleichzeitig- natürlich alles in 3D versteht sich. Im Simpson Ride fliegen wir durch Springfield bis der Krusty Burger fast wieder hochkommt. Die Hogwarts Imitation bringt sogar Fabi ins Nachdenken ob an dem Hype was dran sein könnte. Auf der Studiotour lernen wir u.a. wie ein typisches europäisches Städtchen aussieht. Aus amerikanischer Sicht nehmen die sich wohl alle nicht viel. Frei nach dem berühmten Motto: „Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien.“ Kurzum, der Tag ist gefüllt mit verschwenderischem Spass.


Truthahn in L.A.
Noch eine besserer Grund für einen L.A. Besuch ist eine Einladung zum Thanksgiving bei Freunden aus den USA. Zufällig haben wir die. Wir treffen erneut Konstantin und Kelly plus Kids aus Bend bei ihrer Familie in L.A. Nach dem Abend steht fest: Unser ersters Thanksgiving wird immer das beste bleiben!
Später, da sind wir schon in Mexiko, erzählt man uns, wie die US – Amerikaner angeblich zu ihrem Truthahn-Fest gekommen sind. Damals als die Siedler noch nicht so klar kamen im wilden Westen und ständig nichts zu futtern besassen, hätten empathische Indianer Mitleid gehabt und ihnen Truthahn gebracht. Die Bisons teilten sie nicht, wäre vielleicht auch etwas viel verlangt gewesen. Und jeder Amerikaner müsste dann am vierten Donnerstag im November ein Bison in den Ofen schieben.
Joshua Tree Nationalpark
Kaliforniens Küsten sind weltberühmt. Dass es auch im Inland einiges zu entdecken gibt hatten wir gar nicht so auf dem Schirm. Im Joshua Tree Nationalpark stehen Wälder dieser gleichnamigen bizarren Bäume. Von den Mormonen so getauft erinnern sie ein wenig an aufblasbare Werbeobjekte in Schlauchform mit wedelnden Armen. Wir hiken durch Joshua Trees, zu einer alten Goldmine und schauen den vielen Freeclimbern in den Granitfelsen zu.
Einen gratis Schlafplatz finden wir in einem riesigen ausgetrockneten Seebett ausserhalb des Parks. Das Gebiet gehört zum BLM (Bureau Of Land Management) und ist somit öffentliches, für jeden zugängliches Land. Diese oftmals schönen Naturgebiete findet man über die ganze USA verteilt.
Bei Feuer und Lichterkette lassen wir dort den Tag ausklingen. Plötzlich knallt es, dann folgt ein Düsenjet-artiges Geräusch. „Was war das denn?“, frage ich Fabi erschrocken, „war das ein Schuss?“ „Glaub’ schon“, meint er, noch nicht ganz sicher. Bald darauf gibt es keinen Zweifel mehr, denn es folgt ein wahres Feuerwerk an Schüssen, die vor dem fernen Berg jeweils ihr Düsenjet-Echo abgeben. Ein paar Stunden geht das so.
Den nächsten Tag werden wir aufgeklärt. Die Familie von gegenüber kommt vorbei um unser Auto anzuschauen und über unsere Reisepläne zu sprechen. „Die reisen extra hier hin um sich zum Schiessen zu treffen. Ist bekannt dafür die Ecke. Auf BLM-Land kann jeder machen was er will“, meint der Vater. Mit Blick auf unser nächstes Reiseziel fügt er lachend hinzu: “Aber keine Sorge, hier ist kein Kartellkrieg, die schiessen nur zum Spass auf Dosen. Rednecks eben!“ Der nächste Abend bleibt schussfrei, sonntags ist wohl Ruhetag.












Getting ready for Mexico
Wir freuen uns riesig bald nach Mexico zu fahren. Aber auch wir haben aufgrund der ein oder anderen negativen Schlagzeile bezüglich Mexicos Norden etwas Respekt vorm Grenzübergang. Und davor keinen Amazon-Locker mehr benutzen zu können. Für Wohnsitzlose wie uns sind die nämlich unersetzlich, wenn es um das Bestellen von Autoteilen etc. geht.
Ob Isolation vom Klappdach, Packnetze, Auspuffdichtung, Installation neuer Wasserfilter – alles braucht Zeit. Und zwar immer mehr als man denkt. Das ist auch so etwas, was wir lernen (müssen) auf unserer Reise. Laufend gilt es Dinge abzuklären und sich neu zu organisieren – immer in fremder Umgebung, oftmals unvorhergesehen. Wie zum Beispiel sich einen Weisheitszahn ziehen lassen.
Irgendwann sind wir aber parat und die Tage in den USA gezählt. In unserem Fall kann man jedoch von verzählt sprechen. Denn wir merken einen Tag vor Ausreise, dass unser USA Visum bereits seit 10 Tagen abgelaufen ist. Ups!
Klingt jetzt lustig, ist in der Situation eher nervenaufreibend, wenn man die etwas umständlichen Grenzformalitäten bei Ausreise mit eigenem Auto bedenkt.
Mit mulmigem Gefühl im Bauch nähern wir uns dem kleinen Grenzübergang bei Tecate. „Wir sind Europäer. Und haben einen deutschen Reisepass. Das sollte schon ok sein, oder?“, murmelt Fabi. Aber so sicher sind wir uns da beide nicht mehr als wir – Status illegal – die ungewohnt stark bewaffneten Grenzsoldaten erblicken…






Ich beneide euch! Ihr eine tolle Zeit, genießt es weiterhin. Die Fotos sind wunderschön, tolle Blickwinkel.
Danke für das Lob! Das freut uns sehr ☺️ liebe Grüße aus México